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4 Köpfe – Vier Meinungen
Nun ist es amtlich: Die D-Linie soll künftig oberirdisch bis zum Raschplatz fahren. Dieser Beschluss stieß nicht überall auf Gegenliebe. Wie stehen Wirtschaft und Umweltschutzverbände dazu? RegJo hat sich umgehört.
Kaum ein Thema bewegt Hannover derzeit so wie der Ausbau der D-Linie. Seit Jahren diskutieren Politik, Verkehrsplaner und Üstra bereits über den Ausbau der Stadtbahnlinien 10 und 17. Beim Bau der Stadtbahn Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre war geplant, dass alle vier Grundstrecken sich im Stadtzentrum unterirdisch treffen. Die D-Linie sollte ursprünglich von Ahlem in Richtung Südstadt und Messegelände verlaufen und in der Innenstadt ebenfalls einen eigenen Tunnel erhalten. Weil damals aber das Geld für den Tunnelbau fehlte, verläuft die Strecke bis heute als einzige der vier Grundstrecken komplett oberirdisch und endet am Aegi. Die jüngste Debatte zum Ausbau wurde vor einigen Jahren von Üstra-Chef André Neiß angestoßen, der sich für einen eigenen Tunnel einsetzte. Anfang März 2013 haben die Gremien einen Grundsatzbeschluss gefällt, der die Raschplatz-Variante favorisiert. Diese ordnet den Bau von Hochbahnsteigen unter anderem in Linden, am Goetheplatz, am Steintor, vor dem Ernst-August-Platz und am Raschplatz hinter der Einmündung Rundestraße an. Der jetzige Streckenabschnitt zwischen Bahnhofsvorplatz und Aegi entfällt. Der Beschluss stieß nicht überall auf Gegenliebe, denn auch eine andere Streckenvariante fand viele Anhänger: die sogenannte Scheelhaase-Lösung. Dabei sollten die Züge abwechselnd oberirdisch zum Steintor und unterirdisch durch vorhandene Tunnelstrecken zum Hauptbahnhof fahren.
Bernd Voorhamme, Präsident des Handelsverbandes Hannover und Vorsitzender der City-Gemeinschaft Hannover e. V.:
„Die geplante Lösung bringt für die City und besonders für die Anlieger erhebliche Nachteile. Es drohen massive Verkehrsprobleme. Daher befürworten wir im Interesse unserer Mitglieder eine verkehrstechnisch optimale Lösung, die auch behindertengerecht ist. Diese Meinung hat die City-Gemeinschaft stets mit Nachdruck vertreten, aber die Stadt hat wohl schlagende Argumente und Sichtweisen wie die Scheelhaase-Lösung einfach ausgeblendet. Wir werden jedoch alles daran setzen, die Diskussion aufrechtzuerhalten, um in konstruktiven Gesprächen eine Einigung und einen vernünftigen Weg zu finden.“
Gerd Wach, Geschäftsführender Vorstand beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschlands e. V.:
„Der Vorschlag Scheelhaases erscheint flexibler als der von Rot-Grün. Die Anbindung an den Hauptbahnhof leidet aber unter der geringeren Taktfrequenz, was sie für viele Bahnfahrer disqualifiziert. Da beide konkurrierenden Varianten auf eine Kette von Hochbahnsteigen setzen, die Straßenräume wie die Limmerstraße mit 60 Meter langen Betonriegeln verschandeln, können wir keine favorisieren. Wir hoffen auf mehr städtebauliche Sensibilität in der Zukunft. Die momentane Linienführung der 10 hat sich bewährt. Durch zusätzliche Niederflurbusse auf der Strecke wäre sie auch für Behinderte sofort besser nutzbar.“
Jans-Paul Ernsting, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Hannover:
„Das Handwerk ist auf einen funktionierenden Wirtschaftsverkehr angewiesen. Daher erfüllt uns die Entscheidung zum Bau der D-Linie mit großer Sorge. Die geplante Linienführung mit dem Endhaltepunkt Raschplatz gefährdet die Erreichbarkeit der City für den gewerblichen und privaten Autoverkehr. Bereits jetzt treten dort erhebliche Verkehrsprobleme auf und die Situation vor der Ernst-August-Galerie wird sich durch das Abbiegen der Stadtbahn in den Posttunnel weiter verschärfen. Aus unserer Sicht hätten im Vorfeld alle Alternativen der Streckenführung, auch die ‚Scheelhaase-Lösung‘, vorbehaltlos geprüft werden müssen.“
Martin A. Prenzler, Geschäftsführer der City-Gemeinschaft Hannover e. V.:
„Bis heute vermissen wir bei den Planungen leider eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der von Herrn Prof. Scheelhaase vorgeschlagenen Varianten. Ob verkürzt bis zum Steintor oder die heute gefahrene Strecken-Variante bis zum Aegi: Führt man sich die angestrebten Ziele vor Augen, sei es die Barrierefreiheit des gesamten Netzes oder verbesserte Umsteigemöglichkeiten für die Nutzer, so sind diese am schnellsten und kostengünstigsten mit eben der verkürzten Scheelhaase-Variante zu erreichen. Mit diesen Erkenntnissen sind Ausgaben von 40 bis 50 Mio. Euro wirklich nicht zu rechtfertigen. Das Geld wird an vielen Stellen dringlicher gebraucht.“
http://www.hannover.regjo.de/rh_ausgaben.php
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